Dienstag, 21. Februar 2012

Hamas und Hisbollah

Am Dienstag den  21.02. besuchte uns Prof. Meir Litvak, der die Iran Studien an der Tel Aviv University leitet, hier am academic center of law & business, um mit uns über die ideologischen Hintergründe,  die Geschichte und die aktuelle Lage der zwei einflussreichsten islamischen Bewegungen im mittleren Osten, der Hisbollah und der Hamas zu sprechen und unsere Fragen diesbezüglich zu beantworten.
Nach einer kurzen Vorstellung unseres Besuchs durch Herrn Wittstock, begann Herr Litvak mit seinem Vortrag über die Geschichte und den Aufbau der Hisbollah. Die Hisbollah, deren Haupteinflussbereich und Sitz sich im Libanon befindet, setzt  sich aus verschiedenen Gruppierungen des schiitischen Teils der Muslime im Libanon zusammen und wurde anfangs mit dem Ziel gegründet, die Gleichbehandlung der unterdrückten Schiiten im Libanon sicherzustellen. Mit der Erklärung seitens der Hisbollah Ayatollah Chomeini als ihren religiösen Führer anzuerkennen und damit den Versuch zu starten, die islamische Revolution aus dem Iran in den Libanon zu exportieren, radikalisierte sich die Gruppe hin zu einer anti-israelischen, anti-zionistischen Vereinigung und zu dem „langen Arm des Irans“, als welcher sie heute oft bezeichnet wird. Heute kann die Hisbollah, laut Herrn Litvak, als die mächtigste, einflussreichste Gruppierung im Libanon und die am besten militärisch ausgestattete Kraft gegen Israel bezeichnet werden. Auf politischer Ebene sucht die Hisbollah nach legalen Gründen Israel anzugreifen. Durch den Aufbau eines sozialen Systems, mit z.B.  der Errichtung von Krankenhäusern etc., das es in der Form vorher im Libanon nicht gegeben hat, konnte sich die Hisbollah nun nicht nur unter den Schiiten große Unterstützung der libanesischen Bevölkerung sichern. So schaffte es die Hisbollah zu einer bedeutenden legalen politischen Kraft im Libanon heranzuwachsen, die über die Annektierung der Libanesischen Flagge zur eigenen, bis hin zur Möglichkeit, die libanesische Regierung durch ihre Veto-Macht zu korrumpieren, die libanesische Politik nach innen und nach außen maßgeblich beeinflusst. Abschließend fasste Herr Litvak zusammen, dass die anfängliche Forderung der Hisbollah nach einer Stärkung der Rechte der schiitischen Bevölkerung absolut berechtigt war und ist, die Umsetzung jedoch als falsch und äußerst bedenklich zu betrachten ist.
Im Anschluss daran erläuterte uns Herr Litvak die Elemente der Ideologie der Hamas (dt.: „Enthusiasmus“). Die Hamas, mit  Hauptwirkungsstätten in Gaza und Syrien, ist eine Schwester-Bewegung der Muslim-Bruderschaft und somit fundamental Islam-basiert. Herr Litvak erklärte, dass zu Anfang Israel sogar die kleinen Gruppen muslimischer Bruderschaften unterstützte aus denen sich später die Hamas bildete, woraus das Gerücht entstand, dass Israel diese selbst gegründet hätte. Auch die Hamas hat gleich der Hisbollah ein soziales Netzwerk errichtet, um ihre Akzeptanz in der Bevölkerung voranzutreiben und auf diesem Weg die Menschen zurück zum Islam zu führen. Ziel ist es, mittels einer Re-Islamisierung der Bevölkerung einen islamischen Staat zu bilden bzw. den Islam zur vorherrschenden Weltmacht zu machen und in Konsequenz Israel und die gesamte westliche Welt zu bekämpfen und zu zerstören, da diese die Welt beherrscht und unterdrückt, sowie die Aufgabe, auf Grundlage geschichtlicher Überlieferungen wie der Sage des Baum und des Busches, auf lange Sicht alle Juden auszurotten umzusetzen, so Herr Litvak. Frieden sei, zumindest vorerst, nur durch eine totale Unterwerfung der Juden möglich. Laut Hamas haben diese dieses großzügige Angebot jedoch ausgeschlagen, so Herr Litvak weiter, und daher müssen sie bekämpft werden („long time strategies and short time statements“). Ziel bleibt jedoch klar, alle Juden auszulöschen. Palästina ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig, da die Hamas es als ihnen von Gott gegebenes Land ansieht, welches sie nie ab- bzw. aufgeben dürfen und die al-Aqsa-Moschee, als dritt wichtigster Ort des islamischen Glaubens dort steht. Somit bildet Palästina für die Hamas den zentralen Ausgangsort für die Ausrottung der Juden und den Siegeszug des Islam, so Herr Litvak. Zur Rechtfertigung von Selbstmordattentaten zur Erreichung dieses Ziel glorifiziert die Hamas das Leben der Märtyrer, die ihre Seele an Gott verkaufen und im Gegenzug dafür den Himmel bekommen, so Herr Litvak erklärend, als das „wahre Leben“. Ebenso machen die Verheißungen von 70 Jungfrauen, die als Sinnbild für die Lust an sich stehen, die jeden Märtyrer im Himmel erwartet, bei gleichzeitiger Verteufelung von Sex und Lust im Leben, den extremistischen Weg des Selbstmordattentats für viele junge Menschen interessant. Zusammenfassend ist der Jihad gegen Israel als religiöse Pflicht um in den Himmel zu kommen anzusehen und fungiert als starke Kraft junge Leute wieder zum Islam zurückzubringen. Abschließend hielt Herr Litvak fest, dass die Ziele der Hamas unter 5 Begriffen zusammenzufassen sind: Religion, Regierung, soziale Bewegung, Jihad und politische Bewegung, die sich jedoch nicht gleichzeitig erreichen lassen, da eine Regierung z.B. Stabilität benötigt, somit Krieg dieser nicht förderlich ist usw.
Im Anschluss an diese beiden Grundlagen schaffenden theoretischen Blöcke nahm sich Herr Litvak Zeit für unsere Fragen und gab uns einige interessante Lösungsvorschläge für diese Dilemmata.   
Zusammenfassend ist mein Gesamteindruck von dieser Sitzung mit Herrn Litvak sehr positiv. Obwohl ich dank eines Referates zum Thema Hisbollah bei Herrn Wittstock bereits einen Einblick in deren Ideologie und Schaffen mitgebracht habe, habe ich das Gefühl, auf Grund von Herrn Litvaks großer Kompetenz, neben dem Einblick in die Ideologie der Hamas auch diesbezüglich viel mitgenommen zu haben. Im Gespräch mit meinen Kommilitonen im Anschluss an die Sitzung waren wir uns schnell einig, trotz tollem Wetter und der zahlreichen Verlockungen Tel Avivs gerne etwas überzogen zu haben J

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