Am Dienstag den
21.02. besuchte uns Prof. Meir Litvak, der
die Iran Studien an der Tel Aviv University leitet, hier am academic center of
law & business, um mit uns über die ideologischen Hintergründe, die Geschichte und die aktuelle Lage der zwei
einflussreichsten islamischen Bewegungen im mittleren Osten, der Hisbollah und
der Hamas zu sprechen und unsere Fragen diesbezüglich zu beantworten.
Nach einer kurzen Vorstellung unseres Besuchs durch Herrn
Wittstock, begann Herr Litvak mit seinem Vortrag über die Geschichte und den Aufbau
der Hisbollah. Die Hisbollah, deren Haupteinflussbereich und Sitz sich im
Libanon befindet, setzt sich aus
verschiedenen Gruppierungen des schiitischen Teils der Muslime im Libanon
zusammen und wurde anfangs mit dem Ziel gegründet, die Gleichbehandlung der unterdrückten
Schiiten im Libanon sicherzustellen. Mit der Erklärung seitens der Hisbollah
Ayatollah Chomeini als ihren religiösen Führer anzuerkennen und damit den
Versuch zu starten, die islamische Revolution aus dem Iran in den Libanon zu
exportieren, radikalisierte sich die Gruppe hin zu einer anti-israelischen,
anti-zionistischen Vereinigung und zu dem „langen Arm des Irans“, als welcher
sie heute oft bezeichnet wird. Heute kann die Hisbollah, laut Herrn Litvak, als
die mächtigste, einflussreichste Gruppierung im Libanon und die am besten
militärisch ausgestattete Kraft gegen Israel bezeichnet werden. Auf politischer
Ebene sucht die Hisbollah nach legalen Gründen Israel anzugreifen. Durch den
Aufbau eines sozialen Systems, mit z.B.
der Errichtung von Krankenhäusern etc., das es in der Form vorher im
Libanon nicht gegeben hat, konnte sich die Hisbollah nun nicht nur unter den
Schiiten große Unterstützung der libanesischen Bevölkerung sichern. So schaffte
es die Hisbollah zu einer bedeutenden legalen politischen Kraft im Libanon heranzuwachsen,
die über die Annektierung der Libanesischen Flagge zur eigenen, bis hin zur
Möglichkeit, die libanesische Regierung durch ihre Veto-Macht zu korrumpieren,
die libanesische Politik nach innen und nach außen maßgeblich beeinflusst. Abschließend
fasste Herr Litvak zusammen, dass die anfängliche Forderung der Hisbollah nach
einer Stärkung der Rechte der schiitischen Bevölkerung absolut berechtigt war
und ist, die Umsetzung jedoch als falsch und äußerst bedenklich zu betrachten
ist.
Im Anschluss daran erläuterte uns Herr Litvak die Elemente
der Ideologie der Hamas (dt.: „Enthusiasmus“). Die Hamas, mit Hauptwirkungsstätten in Gaza und Syrien, ist
eine Schwester-Bewegung der Muslim-Bruderschaft und somit fundamental
Islam-basiert. Herr Litvak erklärte, dass zu Anfang Israel sogar die kleinen Gruppen
muslimischer Bruderschaften unterstützte aus denen sich später die Hamas
bildete, woraus das Gerücht entstand, dass Israel diese selbst gegründet hätte.
Auch die Hamas hat gleich der Hisbollah ein soziales Netzwerk errichtet, um ihre
Akzeptanz in der Bevölkerung voranzutreiben und auf diesem Weg die Menschen
zurück zum Islam zu führen. Ziel ist es, mittels einer Re-Islamisierung der
Bevölkerung einen islamischen Staat zu bilden bzw. den Islam zur
vorherrschenden Weltmacht zu machen und in Konsequenz Israel und die gesamte
westliche Welt zu bekämpfen und zu zerstören, da diese die Welt beherrscht und
unterdrückt, sowie die Aufgabe, auf Grundlage geschichtlicher Überlieferungen
wie der Sage des Baum und des Busches, auf lange Sicht alle Juden auszurotten
umzusetzen, so Herr Litvak. Frieden sei, zumindest vorerst, nur durch eine
totale Unterwerfung der Juden möglich. Laut Hamas haben diese dieses großzügige
Angebot jedoch ausgeschlagen, so Herr Litvak weiter, und daher müssen sie
bekämpft werden („long time strategies and short time statements“). Ziel bleibt
jedoch klar, alle Juden auszulöschen. Palästina ist in diesem Zusammenhang
besonders wichtig, da die Hamas es als ihnen von Gott gegebenes Land ansieht,
welches sie nie ab- bzw. aufgeben dürfen und die al-Aqsa-Moschee, als dritt
wichtigster Ort des islamischen Glaubens dort steht. Somit bildet Palästina für
die Hamas den zentralen Ausgangsort für die Ausrottung der Juden und den
Siegeszug des Islam, so Herr Litvak. Zur Rechtfertigung von
Selbstmordattentaten zur Erreichung dieses Ziel glorifiziert die Hamas das
Leben der Märtyrer, die ihre Seele an Gott verkaufen und im Gegenzug dafür den
Himmel bekommen, so Herr Litvak erklärend, als das „wahre Leben“. Ebenso machen
die Verheißungen von 70 Jungfrauen, die als Sinnbild für die Lust an sich
stehen, die jeden Märtyrer im Himmel erwartet, bei gleichzeitiger Verteufelung
von Sex und Lust im Leben, den extremistischen Weg des Selbstmordattentats für
viele junge Menschen interessant. Zusammenfassend ist der Jihad gegen Israel
als religiöse Pflicht um in den Himmel zu kommen anzusehen und fungiert als
starke Kraft junge Leute wieder zum Islam zurückzubringen. Abschließend hielt
Herr Litvak fest, dass die Ziele der Hamas unter 5 Begriffen zusammenzufassen
sind: Religion, Regierung, soziale Bewegung, Jihad und politische Bewegung, die
sich jedoch nicht gleichzeitig erreichen lassen, da eine Regierung z.B.
Stabilität benötigt, somit Krieg dieser nicht förderlich ist usw.
Im Anschluss an diese beiden Grundlagen schaffenden
theoretischen Blöcke nahm sich Herr Litvak Zeit für unsere Fragen und gab uns
einige interessante Lösungsvorschläge für diese Dilemmata.
Zusammenfassend ist mein Gesamteindruck von dieser Sitzung
mit Herrn Litvak sehr positiv. Obwohl ich dank eines Referates zum Thema
Hisbollah bei Herrn Wittstock bereits einen Einblick in deren Ideologie und
Schaffen mitgebracht habe, habe ich das Gefühl, auf Grund von Herrn Litvaks
großer Kompetenz, neben dem Einblick in die Ideologie der Hamas auch
diesbezüglich viel mitgenommen zu haben. Im Gespräch mit meinen Kommilitonen im
Anschluss an die Sitzung waren wir uns schnell einig, trotz tollem Wetter und
der zahlreichen Verlockungen Tel Avivs gerne etwas überzogen zu haben J
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