Mittwoch, 22. Februar 2012

"Culturepreneurs" in Tel Aviv


Im Rahmen unserer Studienreise nach Israel nahmen wir an dem internationalen Forschungsprojekt „Culturepreneurs: Cultural Entrepreneurs“ von Prof. Dr. Gerd-Michael Hellstern vom Institut für Betriebswirtschaftslehre, Universität Kassel, teil. Das Ziel der Studie ist es, die Kreativwirtschaft von Berlin, Istanbul und Tel Aviv miteinander zu vergleichen, um herauszufinden, welche Beweggründe, Motivationen und Einflussfaktoren von Galeriebesitzern sich auf ein erfolgreiches Galeriemanagement auswirken. 
Die Vergleichsstudie basiert auf einer These der Neuen Ökonomischen Theorie, die besagt, dass wirtschaftliche Innovationen und Wachstum in den Regionen am höchsten sind, in denen Kreativität fester Bestandteil einer Gesellschaft ist. Infolgedessen sollen Künstler aufgrund ihrer hohen Kreativität und innovativen Fähigkeiten im Mittelpunkt der neuen Kulturindustrie stehen. Kunstgalerien als Unternehmen kanalisieren den kreativen Output und sind wichtige Akteure für Innovation und Kreativität. Die Interaktionen zwischen künstlerischen Prozessen und unternehmerischen Handlungen sollen mit Hilfe von Feldforschung aufgedeckt werden.

Als methodischer Ansatz für dieses Forschungsprojekt wurde ein standardisierter Fragebogen entwickelt, welcher im Rahmen von Interviews abgearbeitet wurde. Der Fragebogen bestand sowohl aus quantitativen als auch aus qualitativen Fragen. Hierzu wurden mehrere "interkulturelle Gruppen" gebildet - jeweils bestehend aus vier bis sechs Studierenden aus Mainz, Kassel, Ramat Gan und Haibin - welche die Aufgabe hatten, die Interviews durchzuführen. Es wurden insgesamt ca. 60 Galerien in die Untersuchung miteinbezogen - teilweise wurde mit den Galerist_innen selbst gesprochen, teilweise mit den Kurator_innen.

Die zentralen Fragen der Feldforschung bezogen sich auf die Ziele, die die Galerist_innen mit ihrere Arbeit verfolgen. Worin besteht die Motivation eine Galerie zu besitzen beziehungsweise zu managen? Wie wichtig ist die Beziehung zu den Künstlern und Kunden? Welche Rolle spielen Umsatz und Gewinn für eine Galerie? Wie wichtig ist es, sich an Trends zu orientieren? Welche sind die Schwerpunkte der jeweiligen Galerien?

Während dieser Feldforschung in Tel Aviv haben wir interessante Einblick in den Kunstmarkt der Stadt gewonnen. Die Galerien, die wir besucht haben, beschäftigen sich überweigend mit dem Verkauf und der Ausstellung zeitgenössischer Kunst (Malerei, Zeichnungen, Bildhauerei, Glaskunst und auch Videokunst). Es wurde in vielen der Galerien sowohl mit Kunstwerken israelischer als auch internationaler Künstler gehandelt. In der Galerie Litvak beispielsweise, einer bedeutenden Galerien beispielweise, fand zur Zeit unseres Besuches eine Ausstellung über das künstlerische Schaffen des deutschen Bildhauers Julius Weiland statt. Diese Galerie verfügt weltweit über einen guten Ruf, der sie besonders attraktiv für internationale Kunstsammler macht. Auffällig war, dass die meisten Galerien durch einen internationalen Charakter geprägt sind und sich auf ein internationales Publikum ausrichten.

Betrachten wir beispielsweise in der israelischen Kunstszene die Künstlerin Sigalit Landau. Ihre Arbeit besteht aus mit Salzkristallen bedeckten Skulpturen, die aus Stacheldraht geschaffen werden, welcher in das Wasser des Toten Meeres getaucht wurde. Landau ist eine interdisziplinäre Künstlerin, in deren Werk das Thema „Schönheit und Schmerz in ihrer Heimat“ thematisiert wird. Eine Ausstellung ihrer Zeichnungen konnten wir uns an der Givon Art Gallery anschauen. Im Gegensatz zu der erstgenannten Galerie ist die Givon Art Gallery ein Familienunternehmen, das von zwei Schwestern betrieben wird, die Töchter deutscher Einwanderer sind. Obwohl beide Managerinnen ursprünglich einen anderen Beruf erlernt hatten, entschieden sie sich für das Familiengeschäft des Kunsthandels.

Über die Ergebnisse des Forschungsprojekts sind wir leider noch nicht informiert, denn die Daten der Erhebungen werden noch von dem Forschungsteam aus Kassel ausgewertet. Ausgehend davon, dass Kunst ein Spiegel der Gesellschaft ist, konnten wir durch die teilnehmende Beobachtung bestätigen, dass der Kunstmarkt in Tel Aviv dem jugendlichen Flair der Stadt entspricht und dass Galerist_innen als Kunstunternehmer_innen genauso innovativ sind und international ausgerichtet sind wie die boomende israelische Wirtschaft es ist.

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