Das wohl am meisten diskutierte Thema zur Zeit in Israel ist
der Konflikt mit dem Iran, der sich durch die wahrscheinlicher werdende und
immer näher rückende Fähigkeit des Irans
einer atomaren Bewaffnung in den letzten Wochen als ständiger Begleiter auf das
Leben hier auswirkt. Die öffentliche Diskussion um einen möglichen Erstschlags
Israels, um die iranischen Anlagen zur Anreicherung von Uran zu zerstören und
somit die Produktion von Atomwaffen zu verhindern bzw. zu verzögern, ist im
vollen Gange. Diese in Deutschland gerne als Kriegstreiberei verschriene
Diskussion bekommt hier eine ganz andere Bedeutung, da man die Anspannung der
Menschen förmlich spüren kann. Gleich in meinem ersten persönlichen Gespräch
mit einem jungen Israeli kam das Gespräch auf dieses Thema. Für jeden Einwohner
hier in Israel ist die Vorstellung einer nuklearen Bewaffnung des Irans, der
dem Staat Israel nicht nur das Existenzrecht abspricht und die Existenz des
Staates nicht akzeptiert, sondern in dem die führende Regierungselite, von Staatspräsident
Ahmadinedschad bis zum Staatsoberhaupt Ajatollah Chamenei von einer Vernichtung
des Staates Israels spricht eine ernsthafte und furchteinflößende Bedrohung
seiner eigenen Existenz. Zu diesem Thema erhielten wir eine kurze Einführung
durch den führenden Iran-Forscher Professor Menashri, den einige von uns
bereits durch seine Gastprofessur an der Uni Mainz kennen und schätzen gelernt
haben. Durch sein Wissen und die Erfahrungen durch seinen erstaunlichen
biografischen Hintergrund, er lehrte bis zur islamischen Religion als jüdischer
Israeli an der Universität in Teheran, ist er zur Zeit ein sehr begehrter Gast
für Interviews und Beiträge im Fernsehen und Zeitungen. In seinem Vortrag
analysierte Professor Menashri den Konflikt und stellte einen möglichen Lösungsvorschlag
vor, den ich nun kurz beschreibe.
Der Konflikt betrifft nicht nur Israel sondern die ganze
sogenannte westliche Welt. Die Kombination aus radikale-fundamentalistischem
Terrorismus, die Unterdrückung der eigenen Bevölkerung (im Iran werden im
Schnitt, seit dem Ausbruch der Demonstrationen 2009 täglich drei Menschen
hingerichtet) und einer nuklearen Bewaffnung kann man nicht als nur
israelisches Problem darstellen. Die Folgen einer solchen Bewaffnung sind nicht
nur ein Problem Israels, sondern auch eine Bedrohung Europas, da das Ziel der
islamischen Revolution nicht die Vernichtung Israels war bzw. ist, sondern die
Ideologie der Fundamentalisten im Iran die islamische Revolution als noch nicht
abgeschlossene Weltrevolution versteht, deren ausgemachter Feind die westliche
Welt ist. Zusätzlich würde die Bewaffnung des Irans mit atomaren Waffen die
ganze Region verändern, da der Iran damit nicht nur ein Abschreckungspotential
schaffen will, sondern auch eine hegemoniale Vorherrschaft in der Region
anstrebt. Dies hätte zur Folge, dass die Konkurrenten in der Region (vor allem
Ägypten, Saudi-Arabien und die Türkei) sich ebenfalls mit Atomwaffen ausrüsten
werden wollen und das kann nicht im Interesse der Weltgemeinschaft sein. Die
momentanen Drohungen eines Militärschlages sieht Professor Menashri nur als
Abschreckung, da mögliche Folgen fatal wären. In seinen Augen sollte die
westliche Welt versuchen, durch Sanktionen Druck auf den wirtschaftlich und
innenpolitisch geschwächten Iran ausüben, um dann im Dialog mit den erfahren
iranischen Diplomaten eine Lösung zu erreichen. Diese Sanktionen wären nicht
nur eine weitere Schwächung für die Wirtschaft des Irans, sondern würden auch
den Rückhalt in der Bevölkerung verringern und in Kombination mit einem
angestrebter Dialog Israels würde eine Signalwirkung für die iranische Jugend
und den Westen entstehen, dass Israel alles versucht einen militärischen
Konflikt zu vermeiden. Auf den iranischen Jugendlichen liegt die große
Hoffnung, da nur sie das Regime stürzen können, welches durch Repression und
Unterdrückung in eine dem Volkswillen entgegengesetzte Richtung regiert. Die
Jugend im Iran sorgt sich vor allem um ihre eigene Zukunft und möchte sozialen
Wandel und Freiheit. Sie wacht nicht jeden morgen mit dem Gedanken auf, was der
eigene Beitrag zur Zerstörung Israels sein, sondern wie man seine Familie
ernähren und seine Meinung ohne verfolgt zu werden kundtun kann. Diese Wünsche
versucht die Führung in Teheran zu unterdrücken, indem sie das Feindbild Israel
heraufbeschwört um die inneren Spannungen zu unterdrücken. Eine mögliche
Revolution allerdings könnte durch Sanktionen und einen Dialog zwar beeinflusst,
jedoch nie herbeigeführt werden. Darum sind stärkere Sanktionen unvermeidbar,
die jedoch leider das Leiden der Bevölkerung steigern, um durch Verhandlungen um
eine Lockerung der Sanktionen eine atomare Bewaffnung zu verhindern. Die
größten Handelspartner des Irans (Deutschland und Japan) und die westliche Welt
sollten also stärkere Sanktionen vornehmen und Israel sollte offen für einen
Dialog mit dem Iran sein. Optional wäre natürlich eine Beteiligung der
russischen Regierung, die jedoch wirtschaftliche Interessen im Iran verfolgt,
jedoch auch kein Interesse an einer atomaren Bewaffnung Irans haben kann, da
sie selbst Probleme mit radikalen Islamisten kennt. Auch eine Beteiligung
Chinas wäre ein Möglichkeit Druck auszuüben, scheint jedoch sehr unrealistisch,
da das einzige Ziel der chinesischen Außenpolitik das eigene
Wirtschaftswachstum zu sein scheint und sie sich somit keine Partnerschaften
verbauen wollen.
Darum scheint es wohl so, dass ein gemeinsames Vorgehen
Israels, Amerikas und der Europäer die realistischste Lösung zu sein scheint,
die wünschenswerteste eine Fortführung der 2009 begonnen Revolution, um das
faschistische Regime zu stürzen und den Iranern ihre Freiheit zu geben. Zu hoffen bleibt, dass eine friedliche Beziehung zwischen Israel und dem Iran
wiederhergestellt werden kann, wie sie vor der Übernahme der radikalen
Islamisten bestanden hat.
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